Initium – Einführung
Initium – eine Kantate über das Anfangen
Es ist noch früh: 9 Uhr morgens in Lüneburg. Vom großen Turm der St. Johannis Kirche weht eine Choralmelodie durch die Stadt und begleitet mich in den Tag. Immer wieder richten mich die Töne zur Kirche hin aus. Der mächtige Turm zieht mich dann direkt in den Himmel.
Anfangen – dieses Thema kommt mir in den Sinn, wenn ich an St. Johannis denke. Ein großes Thema, welches die Menschheit schon immer faszinierte. Hat die Welt einen Anfang? Und wenn ja, was ging diesem Anfang voraus?
In meinem Stück „Initium“ geht es jedoch nicht schöpfungstheologisch um den Anfang der Welt. Mich interessiert das Anfangen in uns. Jeden Tag beginnen wir immer wieder neu und haben Lust dazu. Einmal mehr, einmal weniger. Unsere Verhältnisse können noch so beklemmend sein, nur ganz selten hört die Kraft zum Anfangen wirklich auf. Und wenn sie aufhört und nicht wiederkommen will, dann sind wir ernsthaft erkrankt.
Als Menschen haben wir etwas, das uns antreibt – die Philosophie nennt es telos. Wir richten uns auf etwas aus, mag es noch so groß, utopisch und zeitlich entfernt sein. Aus dem Ausrichten erwächst immer wieder eine Kraft, welche sich nicht ziellos verströmt. Wir fangen an, um zu….
Das alles können wir selbst nicht machen, es ist uns geschenkt. Und als Christen haben wir eine Adresse, um dafür zu danken. So ist „Initium“ auch ein Stück, welches den lobt und preist, der selbst der Anfang ist und keinen Anfang hat.
Die Texte für „Initium“ habe ich aus Gedichten und Bibelworten ausgesucht und zusammengestellt. So trifft zum Beispiel Joseph von Eichendorff („…lass ausruhn mich von Lust und Not, bis dass das ew’ge Morgenrot den stillen Wald durchfunkelt“) auf Caesar Flaischlen („..und immer wieder stehst du und freust dich an dem ersten Grün.“) oder die zeitgenössische Autorin Sabine Ludwigs („…in morgenkühler Ferne verlöschen letzte Sterne“). Neben Psalmworten wird auch der Gesang der Jünglinge im Feuerofen zu hören sein, ein apokrypher Text aus dem Buch Daniel, welcher ein nicht enden wollendes Lob Gottes entfaltet.
Die Kantate wird zwar von Kindern gesungen, ist aber keinesfalls nur für Kinder gedacht. Ein zentrales Anliegen bei meinen Kompositionen für Kinderchöre ist mir, dass die Kinder in ihrem sprachlichen, philosophischen und theologischen Vermögen ernst genommen werden. Dazu wünsche ich mir einen Inhaltsreichtum, der Altersgrenzen auflöst und jeden inspirieren kann. So, wie man es von guter Kinderliteratur erwarten darf. Und was für die Texte gilt, muss auch für die Musik gelten. Die ästhetische Unbefangenheit, mit der Kinder Musik begegnen, ist schließlich nahezu grenzenlos.