Wassermusik – Einführung für Erwachsene

Wassermusik – eine Einführung für Erwachsene

Das Element Wasser ist wie kaum ein anderes mit dem Leben verbunden. Schon im Mutterleib sind wir von Wasser umgeben, ohne Wasser wäre Leben auf unserem Planeten nicht möglich und möglicherweise ist es Bedingung für das Entstehen von Leben in unserem Universum überhaupt. Diese Tatsache dürfen wir als ein Wunder begreifen, denn erklären können wir es nicht. Die Antwort auf die Frage warum denn überhaupt etwas wie Wasser existiert, bleibt eine philosophische, die niemals von der Wissenschaft beantwortet werden kann. Sie ist mit der uralten Frage verbunden: warum ist überhaupt etwas und nicht einfach nichts?

Wasser ist also nicht nur eine prosaische Lebensbedingung, sondern auch eine Chiffre für Ganzheit, Lebendigsein, Kontinuität und Schöpfung. Anhand des Wassers kann uns immer wieder klar werden, dass wir nicht durch uns selbst sind. Wir haben uns nicht allein uns selbst zu verdanken, sondern sind schon immer und grundsätzlich angewiesen auf etwas außerhalb von uns. Gott tritt auf den Plan lässt sich nicht mehr so leicht heraus denken aus dem, wie wir uns und die Welt wahrnehmen. Das Nachdenken über Gott hat zu vielen tiefgehenden und komplexen Vorstellungen geführt, die sich in die Geschichtlichkeit des Glaubens eingebrannt haben. Ein zentraler Begriff ist der trinitarische Gott. ER ist Vater, Sohn und Heiliger Geist. Und auch wenn der Vater nicht der Sohn und der Sohn nicht der Heilige Geist und der Heilige Geist nicht der Vater ist: es ist der eine Gott. Diese Vorstellung, abstrakt und mystisch, entgleitet leicht unserem „Verstehen“. Hier kann Wasser eine starke und helfende Chiffre sein: in seinen drei Aggregatzuständen verändert es sich grundsätzlich in seinen Eigenschaften, bleibt aber stets derselbe chemische Stoff H²O.

In der vorliegenden „Wassermusik“ wird diese Chiffrenfähigkeit von Wasser als Ausgangspunkt genommen, um nicht nur von der Schöpfung und dem Schöpfer, dem Erleben des Wassers in seinen Aggregatzuständen und der damit verbundenen Selbst- und Weltwahrnehmung, sondern auch von der Vorstellung eines trinitarischen Gottes zu erzählen.
Die Kantate beginnt mit der Frage an den Bach: „Wo kommst Du her? Wo gehst Du hin?“ – wenn wir Wasser erleben fühlen wir uns herausgefordert, seinem Wesen und seiner Herkunft auf den Grund zu gehen. Die Antwort auf dieses Frage führt uns in der Kantate direkt in den Schöpfungsmythos der Genesis-Texte. Nach dieser mystischen Welt, in der „Gottes Geist über dem Wasser schwebt“ werden die drei Aggregatzustände beleuchtet. Jeder Abschnitt wird jeweils durch einen Abschnitt aus Jesus Sirach eingeleitet, der auf unüberbietbare Weise Wasser in der Fülle seiner Formen besingt und den Schöpfer preist. Die einzelnen Aggregatzustände (Eis für fest, Wind bzw. Wolken für gasförmig, und Wasser für flüssig) werden durch Texte besungen, die uns die Verwandlung der Welt und die Verwandlung unserer Selbstwahrnehmung durch die Verwandlung von Wasser nahe bringen. Schnee erzeugt den „hellen Morgen“ und „wunderweiße Nächte“ und macht die Seele „glänzend weiß und hell und weit“, durch den Wind „fegen uns Wünsche aus Stirn und Haar“ und wir „brausen mit ihm als freie Geister“, die Tauf-Szene Jesu lässt Volksmassen zu Johannes dem Täufer in den Jordan steigen, öffnet den Himmel, lässt den Heiligen Geist herunterfahren und verwandelt auf eine unbegreifliche Art.
Nach diesen drei Abschnitten zu den Aggregatzuständen folgt eine musikalische Meditation, die mit Licht, Gestik, Texten und Gesang an den drei Aggregats-Becken des Wassers (siehe Aufführungshinweise) auf die Trinität hinweist, ohne die Mystik des Bildes zu verflachen und eine allzu einfache Antwort zu geben. An einer Stelle wird Wasser im wahrsten Sinne zu einem „Filter“, der Licht in Farben verwandelt: die Fähigkeit zur „Verwandlung“ (z.B. in der Taufe) findet hier ihr Bild.

Die Kantate ist somit in ihrer Konzeption ein Versuch, auf vielen Ebenen wirksam zu sein. Deshalb wurden Texte ausgewählt, deren Inhalt Kindern gut verständlich ist (zum Beispiel auf der Ebene der Naturwahrnehmung), die aber immer auch Hinweise enthalten, welche nur von Erwachsenen erschlossen werden können. Damit ist auch der Wunsch verbunden, Erwachsene und Kinder gleichermaßen und auf jeweils individuellen Ebenen zu erreichen. Kindern wie Erwachsenen soll anhand der Texte und der Musik klar werden, wie Wasser über sich hinaus weisen kann. Daraus kann im Alltag eine neue Wahrnehmung und Wertschätzung für diesen Stoff entstehen, die sich auch in einem veränderten Bewusstsein für Verteilungsgerechtigkeit, Erhaltung der Schöpfung und einer vertieften Sensibilität für christliche Spiritualität zeigen kann.