Initium – Landeszeitung Lüneburg
Die Chance zu steten Neuanfängen
(Landeszeitung Lüneburg, 27.05.2019 von Heinz-Jürgen Rickert)
Uraufführung der Kantate „Initium“ in der St. Johanniskirche
Griffige Worte und beschwingte Melodien bevorzugt der Zeitgeist. Irgendwie passt dann alles bequem ins Musical-Format, auch bei Kinderstücken und sogar im sakralen Zuschnitt. Daniel Stickan möchte gegen diesen überwiegend seichten Trend ein musikalisches Zeichen setzen, mit anspruchsvoll inspirierenden Texten und komplexen Partituren für den Nachwuchs. Einige Beiträge hat der Komponist bereits verfasst, nun folgte als Uraufführung in der gut besuchten St. Johanniskirche die Kantate „Initium“, ein Werk über die Chance zum immer wieder neuen Anfangen, von der Knaben- und Mädchenkantorei unter Leitung von Frauke Heinze aus der Taufe gehoben. Das Publikum signalisierte klare Zustimmung, es gab Bravos und Standing Ovations.
Daniel Stickan liebt solche Herausforderungen, seit der „Wassermusik“ (2015) sorgt er damit für überregionale Aufmerksamkeit. Sein jüngstes Opus entwickelte er aus wohl formulierten Sätzen, theologischen Botschaften, tröstenden Versen, Gebeten und Gedichten. Psalmen tauchen auf, Goethe oder Gegenwartslyrik von Sabine Ludwigs. Daraus spannt sich ein ausdrucksintensiver Bogen mit Impulsen für das individuelle Nach- und Weiterdenken.
Percussiv startet „Initium“, sphärische Klänge scheinen den Alltag zu entrücken, kontemplative Räume zu öffnen. Gesungene Töne folgen, daraus erwächst ein introvertiertes Halleluja. Im weiteren Verlauf werden Kontraste herausgefiltert mit leiseren Teilen und expressiven Einschüben. Stickan kombiniert markante Rhythmik mit eingängigen Themen und Motiven, solistischen Elementen und gemeinsamen Auftritten der beiden Jugend-Kantoreien. Das Schlagwerk-Instrumentarium bleibt prägend und prägnant, vor allem durch Marimba und Trommelwirbel.
Vieles wirkt im Sound modern, ganz heutig, Jazz-Anleihen inklusive. Doch Stickan traut sich manchmal in traditionellere Gefilde. „Komm, Trost der Welt“ hat die Struktur eines konventionellen Chorals mit schleppend feierlichem Tempo und Orgelbegleitung, die Joachim Vogelsänger übernahm. Das Gedicht von Eichendorff verbreitet in der kunstvollen Vertonung Ruhe und bildkräftige Impressionen.
Zwei Lesungen sind geschickt in die Kantate eingewoben, Psalm 63 sowie ein Abschnitt aus dem dritten Kapitel im Buch Daniel, vorgetragen von Pastor Diederik Noordveld. Daniel Stickan gestaltete den Klavierpart. Die Hauptarbeit leisteten die ausgezeichneten Percussionisten David Gutfleisch und Clemens Bütje mit Hingabe.
Der Lüneburger Komponist liefert mit „Initium“ den intendierten Beweis: Werke für Jugendensembles müssen keinesfalls gefällig und simpel ausfallen. Besonders eindringlich gerieten „Sonnenkraft“ auf Zeilen von Cäsar Flaischlen und der berühmte Gesang der Jünglinge im Feuerofen. Frauke Heinze führte die zwei Chöre exzellent ins Lot. Sie hatte die jungen Vokalisten und Solisten punktgenau vorbereitet, ihnen Sicherheit verliehen für eine äußerst gelungene Präsentation, gewiss ein hartes Stück monatelanger Probenarbeit. Die Knaben- und Mädchenkantorei bewältigte die hoch ambitionierte Aufgabe mit Bravour, bestach ebenfalls in Solopartien, die Marlene Esklony, Elin Heche und Ellen Mingorance ausführten.